Die Altstadt liegt vollständig links des Rheins und damit quasi auf
der schweizerischen Seite. Dazu passt auch, dass sich die Konstanzer
in der zweiten Hälfte des 15. Jh. darum bemühten, Mitglied der
Eidgenossenschaft zu werden, was aber seitens der ländlichen Kantone
abgelehnt wurde, da diese eine Übermacht der Städte fürchteten.
Offenbar ahnten die Konstanzer schon, was ihnen bevorstand; denn
1527 traten sie zum Protestantismus über und schlossen sich bald dem
Schmalkaldischen Bund (der Reformierten) an, der aber 1547
vernichtend geschlagen wurde. In der Folge geriet Konstanz unter die
Fittiche der Habsburger, wurde rekatholisiert und verblieb bis 1805
bei Österreich.
Der Glaube spielte schon zuvor in der Konstanzer Geschichte eine
besondere Rolle; denn von 1414 bis 1418 fand das Konzil von Konstanz
statt, welches das sog. Abendländische Schisma, die Konkurrenz von
bis zu drei Päpsten, lösen sollte. Das klappte auch, und zwar indem
zunächst Papst Johannes XXIII., der sinnigerweise das Konzil
eröffnet hatte, im Mai 1415 abgesetzt wurde. Dem nächsten erging es
nicht besser; denn im Juli berief der zuvor konkurrierende Papst
Gregor XII. ein neues Konzil ein, wollte dessen Stellung über dem
Papst nicht anerkennen und wurde prompt ebenso abgesetzt. Nun
verblieb noch Papst Benedikt XIII., der aber nach Spanien floh und
im Juli 1417 abgesetzt wurde. Mit der Wahl von Martin V. im November
1417 war das Problem denn auch schon fast gelöst; man musste nur
noch den Tod von Benedikt XIII., der die Abwahl nicht akzeptierte,
und seiner beiden Nachfolger abwarten... (Müssen Sie etwa auch
unwillkürlich an eine Redewendung denken, die in einem bestimmten
gallischen Dorf gern verwendet wurde?)
Die Bedeutung des Konzils von Konstanz kann man nämlich auch noch in
etwas anderem sehen; denn neben dem Hin und Her um die Päpste fand
man durchaus die Zeit, sich mit Abweichlern zu beschäftigen. Jan Hus
(1370-1415) war so einer; denn er stützte sich auf die Lehre von
John Wycilf (geb. ca. 1330, gestorben 1384), der die politischen
Ansprüche der Päpste ablehnte und vor allem von Angehörigen der
Kirche ein Leben in urchristlicher Bescheidenheit verlangte. Jan Hus
kritisierte entsprechend in seinen Predigten die Habgier- des Klerus
und das lasterhafte Leben der Moralprediger; und da er Beispiele
namentlich benannte, wurde er alsbald seiner Ämter enthoben. Weil
man so einen derart aber nicht ZUM Schweigen bringt, wurde er
schließlich ZUM Konzil in Konstanz bestellt und schon nach kurzem
Aufenthalt im Dominikanerkloster (heute Hotel) gefangen genommen. Im
Juli 1415 verurteilte man ihn als Ketzer und verbrannte ihn zusammen
mit seinen Schriften auf dem Scheiterhaufen.
Daran, wie recht die Kritiker des Klerus hinsichtlich dessen Laster
hatten, erinnert heute am Hafen von Konstanz die über 9 m hohe, auf
einer Pegelmessstation stehende schöne Imperia. Geschaffen wurde sie
vorn Bildhauer Peter Lenk, und damit Sie ihre Attraktivität
bewundern können, dreht sie sich innerhalb von drei Minuten einmal
um sich selbst. Imperias Dekolleté sollte Sie aber nicht von beiden
Figuren ablenken, die auf ihren Händen sitzen und für weltliche und
kirchliche Macht stehen.
Vermeintliche Macht muss
man wohl sagen; denn Honore de Balzac schildert in einer seiner
Tolldreisten Geschichten die schöne Imperia als Geliebte von
Kardinälen, Fürsten und sonstigen Würdenträgern, die ihren Reizen
verfallen sind. Historisch belegt ist die Schürte für die Zeit des
Konzils nicht, aber glaubwürdig ist die Erzählung allemal, oder?
Wenn Sie mehr über die Stadtgeschichte in Erfahrung bringen möchten,
sollten Sie einen Besuch des Rosgartenmuseums in Erwägung ziehen,
welches in der Altstadt in der Rosengartenstraße 3-5 zu finden ist.
Interessieren Sie sich mehr (oder auch) für Leben und Werk von Jan
Hus, empfiehlt sich ein Besuch des Hus-Museums — Hessenstraße 64.
Steht Ihnen der Sinn mehr nach Kunstgenuss, kommt vielleicht eher
die Städtische Wessenberg-Galerie infrage, deren Schwerpunkt auf
südwestdeutscher Kunst des 19. & 20. Jh. liegt. Die Galerie gehört
zum Gebäudekomplex des Kulturzentrums am Münster, womit auch gleich
auf die wichtigste kirchliche Sehenswürdigkeit hingewiesen ist.
Im
Übrigen bietet Konstanz eine gut erhaltene Altstadt, die Zum Shoppen
und Flanieren geradezu einlädt. Und wegen der Universität sowie der
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung gibt es auch eine
rege Kultur- und Kneipenszene, die großstädtisches Flair verbreitet
— eine durchaus angenehme Abwechslung neben all den hübschen kleinen
Orten am See.
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